13. 06. 2020 Wahrhaft sein
Gesicht zeigen
Wer bin ich? Mit dieser Frage gehe ich gerade in Richtung Feensteig.
Mir begegnen in der Nähe des Campingplatzes „Am Tor zum Hainich“ eine Mann, eine Frau und ein mittelgroßer Hund.
Nach dem Wünschen eines „Guten Tages“ meinerseits,
erwidert die Frau: "Guten Morgen schöne Frau." Ich habe ein
Schmetterlings-T-Shirt an und bin in der Leichtigkeit von Kussmelda von
Schmetterling.
Das ist mein Wesen. Hier bin ich frei - ohne Maske.
Das war nicht immer so.
Ich erinnere mich an meine Kindheit.
Mit fünf Jahren wurde ich aus diesem Ort, meiner Heimat Weberstedt, weggerissen und umgepflanzt, nach Wandersleben am Fuße der Drei Gleichen.
Gleichzeitig bekam ich eine Maske aufgesetzt. Immer, wenn ich in Wandersleben war, hatte ich ein zweites Gesicht. Ich durfte nicht mehr sagen, dass ich christlich erzogen werde, dass ich Westfernsehen schaue, einen Opa in Westberlin und eine Tante in der Bundesrepublik Deutschland habe.
Mein zweites Gesicht war das der sozialistischen
Weltsicht. Das war notwendig, um dazuzugehören und in der Schule gute Noten zu
bekommen, denn schließlich wollte ich studieren.
Mein anderes Gesicht habe ich nur noch in Weberstedt gezeigt. In meinem dortigen Freundes- und Familienkreis durfte ich ICH selbst sein - leicht - frei - lebendig.
Zehn Jahre lang habe ich so gelebt, mit zwei Gesichtern an zwei verschiedenen Orten. Ich habe sogar zweimal meinen Geburtstag gefeiert - einmal in Wandersleben und ein zweites Mal in Weberstedt.
Weberstedt blieb in den zehn Jahren immer die Heimat meines Herzens. An jedem möglichen Wochenende und in all meinen Ferien war ich hier in Weberstedt, in meinem wahren Zuhause.
Als ich 14 Jahre alt war, bin ich zurück nach Weberstedt zu meiner Oma gezogen. Damals konnte ich einen Teil meiner Maske, meines zweiten Gesichtes, fallen lassen. Doch in der Schule musste ich noch immer erzählen, was die sozialistische Gesellschaft für wahr hielt.
1990 kam die Wende. So nach und nach habe ich meine Wunden geheilt und bin wieder ICH - ohne Masken -frei.
30 Jahre nachdem ich es endlich geschafft hatte, alle Masken fallenzulassen, wird mir wieder ein Maske aufsetzen. Dieses Mal eine richtig deutlich sichtbare Gesichtsmaske, die mich schützen soll. Es fühlt sich für mich falsch an eine Maske zu tragen. Ich bin doch vollkommen gesund und falls ich mit irgendwelchen Bakterien und Viren in Kontakt komme, dann habe ich doch meine Körperabwehr, mein Immunsystem. Und wen soll ich infizieren, wenn ich doch gesund bin? Das Einzige, was bei mir ansteckend ist, ist mein Lächeln. Soll ich mein wahres Gesicht wirklich wieder verbergen? Meine Seele weint leise und ich fühle wie mich diese Maske einengt. Dieses Mal bleibe ich mir selbst treu. Ich setze keine Maske auf solange ich gesund bin. Ich zeige Gesicht und lasse mich nie nie wieder einfach so maskieren. Niemals.
Ich bin frei - meine Energie ist die eines Schmetterlings.
Ich bin gerade fertig mit dem Schreiben dieses Textes an einen Freund. Ich sitze auf der Bank am Aufbruch . Da kommt eine Familie vorbeigelaufen. Der Vater sagt zu seiner Tochter: "Wie ist das auf dem Feensteig? Du hast drei Wünsche frei bei den Feen oder?." "Schau, da sitzt eine Fee" und er zeigt zu mir.
"Was wolltest du erleben? Schweben?" "Nein! Frohlocken," sagt die Tochter und schon laufen sie weiter, dem Feenlicht folgend.
Ein anderes Mädchen begegnet mir an der Station Loslassen . „Gehst du auch in den Feenwald?“, fragt sie mich. „Da gibt es auch den Knackwald mit hohen Bäumen und Sackgassen – ganz schön gruselig.“ Und schon läuft sie mit ihrer Oma weiter.
Und dann, etwas später auf der Brücke in den Wald, ist eine Familie mit kleinen Kindern unterwegs. Der Opa sagt: „Schau, da ist die Fee“ und er meint wieder mich.
Beschwingt und in Leichtigkeit laufe ich in den Wald hinein.
Wie war das mit den zwei Gesichtern? Der Preis zwei Gesichter zu zeigen, war in groß. Ich wurde gemobbt, weil ich nicht authentisch war, ich musste lügen und ich habe mich immer sehr zerrissen gefühlt. Ich habe meine Herzensweisheit, meine Wahrheit geleugnet, nur um dazuzugehören. Das war sehr schwer für mich. So war ich nie aufrichtig und wahrhaft mir selbst gegenüber. Heute weiß ich, dass die Anderen nur mein Spiegel waren, um zu erkennen wer ich bin. Und alle Erfahrungen waren wertvoll, um zu reifen und zu der Person zu werden, die ich heute bin.
Dadurch bin ich innerlich stark geworden. Ganz egal, was im Außen gerade ist. Ich höre jetzt auf mein Inneres, folge meiner Wahrheit und vertraue auf das Göttliche in ALLEM.
Jetzt bin ich angekommen. Am Ende des Weges steht der Spiegel. Darin erkenne ich mein wahres Selbst.
Das Lied von Peter Frank „Dasein“ erklingt in meinem
Herzen.
„Fühl ich ohne meine Maske noch genug Geborgenheit?“ So heißt es im Text.
Ja – Hier & Jetzt bin ich frei. Ich erkenne mein wahres Wesen. Ich bin im Vertrauen – eins mit der Schöpfung.
Und ich bin mutig meine Wahrheit auch in die äußere Welt zu tragen, damit alle Masken fallen und Freiheit für alle Menschen lebbar ist.
Licht und Liebe – Wahrheit und Frieden, mögen sie einziehen – Hier & Jetzt in diese Welt.
Katrin
Auf meinem Weg begleiten mich heute wieder die verschiedensten Schmetterlinge - braune - weiße - blaue und orangefarbene - einfach die bunte Vielfalt des Lebens.