20. 06. 2019 Freundschaft
"Bitte zähme mich"

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Antoine de Saint-Exupéry aus Der kleine Prinz
Ich habe gestern im Buch „Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry das Kapitel 21"Freundschaft mit dem Fuchs" gelesen. Das ist wunderschön. Diese Metapher "Zähmen". Zähmen heißt sich vertraut machen mit etwas oder jemandem. Ich habe mich gestern mit dieser Goldfliege am Jungbrunnen vertraut gemacht, sie "gezähmt".
Meine Gedanken gingen in diesem Zusammenhang zu einem Menschen, mit dem ich mich sehr vertraut gemacht habe. Vielleicht zähmen wir uns auch gegenseitig?! "Man sieht nur mit dem Herzen gut", so schreibt es de Saint-Exupéry. Indem ich mich mit etwas vertraut mache, mich mit meinem Herzen verbinde, wird dieser Mensch, diese Pflanze oder dieses Tier einzigartig unter allem anderen. Diese Goldfliege unterscheidet sich jetzt von allen anderen auf der ganzen Welt und auch die Begegnung mit einem Menschen unterscheidet sich dann. Dieser Mensch wird einzigartig. Man versteht nur die Dinge, die man zähmt, mit denen man sich vertraut macht. Um uns mit jemandem oder etwas vertraut zu machen, brauchen wir Zeit. Diese Zeit scheint nicht mehr verfügbar zu sein. Wir können scheinbar alles kaufen. Tiefe Begegnungen und Liebe jedoch sind nicht käuflich. Dafür braucht es Zeit. Zeit zum zähmen und Zeit zum pflegen.
Die Zeit, die wir miteinander oder in der Natur verbringen, sie ist kostbar. Die Zeit, die wir einander mit Liebe schenken, macht alles voller Licht und Freude und überstrahlt diese Welt.
Vielleicht
geht das Zähmen noch darüber hinaus. Indem ich mich mit etwas oder jemandem
vertraut mache, erkenne ich mich selbst - mein Selbst.
Dann zähme ich mich Selbst in meinem wilden Sein. Ich spüre, dass alles Teil
meiner Selbst ist. Mein Ego löst sich auf.
Am Jungbrunnen war die Goldfliege heute nicht zu sehen. Ich habe jedoch die Verbindung zu ihr wahrgenommen. Sie ist jetzt für mich gezähmt und unter Tausenden von Fliegen ist sie einzigartig. Genauso wie jede Blume, die ich in tiefer Ehrfurcht betrachte, jedes Tier, mit dem ich mich vertraut mache.
Eine
Schmeißfliege scheint nichts Schönes zu sein. Sie nervt nur. Wenn wir jedoch
uns mit dieser vertraut machen, auch die Dinge beleuchten, die scheinbar nicht
schön sind, wie eine Schmeißfliege, dann schauen wir dahinter und sehen sie
Goldgrün glänzend. Wir erkennen, es ist
nicht alles Gold was glänzt. Auch, wenn sie eine Goldfliege ist, dann gehört
sie doch zu den Schmeißfliegen. Schau genau hin. Lass dich nicht von falschen Freunden blenden.
Ich mache mich immer mehr mit mir selbst vertraut, mit meiner Schöpfung. Ich kann aus meinem Herzen heraus entscheiden wem ich wie begegne. Ich entscheide, ob ich negative Muster beibehalte, meine Schattenthemen endlich beleuchte und transzentriere.
Ich habe für mich entschieden, dass ich aus einem liebenden Herzen heraus allen Menschen, Tieren, Pflanzen ... der Schöpfung und vor allem immer wieder mir SELBST in Liebe begegne.
Wenn die Liebe regiert und wir aus dieser Liebe heraus uns zähmen - vertraut machen - begegnen, dann verschwindet alles Dunkle in unserem Leben. Die Schmeißfliege und die negativen Gedanken schwirren davon.
Auf meinem
Heimweg begegneten mir braune, weiße und blaue Schmetterlinge. Sie flatterten
von Blüte zu Blüte und feiern das Leben in Leichtigkeit. Ich tanze über die
Blumenwiese, hinein in einen lichtvollen, sommerlichen Tag. Ich freue mich über all die wahren
Freunde, die ich durch achtsames Begegnen gewinne. Jeder Tag ist ein Geschenk.
Katrin