20. 11. 2019 Weib-lich
- von Katrin Wenk-Olschowsky
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- 24 Nov., 2019
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Neuer Schwung
Ich laufe heute zum Feensteig und greife einen Gedanken auf, den Julia hatte. Was bedeutet es weiblich zu sein?
Auf
meinem Weg in Richtung Wald höre ich fröhliche Kinderstimmen. Die
Kindergartenkinder aus Weberstedt haben heute Waldtag. Sie sprühen vor Freude
und Lebendigkeit. Auf der Brücke in den Wald begegne ich "zufällig"
dem Mann, mit dem ich am Samstag eine Feensteig-Runde gedreht habe. Wir kommen
ins Gespräch, reden über das, was Männlich und Weiblich bedeutet und welche
Rollen wir darin einnehmen. Die Welt steht gerade etwas Kopf, so sehen wir es.
Männer werden Kindergärtner und Frauen Verteidigungsminister.
Sollten wir vielleicht wieder hinschauen, welche Gaben uns in die Wiege gelegt
wurden und diese leben? Vielleicht ist es auch Zeit, dass Männer in die Prägung
der Kinder einbezogen werden und Frauen als Friedensministerinnen ihren Beitrag
leisten?
Was ist Weiblich? In dem Wort steckt der Wortstamm „Weib“. Dieses Wort wurde in der Geschichte immer mehr als verächtliche Bezeichnung einer Frau benutzt. Nur in der Verkleinerungsform des "WEIB-LICH" schwingt die Wärme und Schönheit noch.
Die Frage: Was ist weiblich für dich?, habe ich gestern mit drei verschiedenen Männern reflektiert.
Das was ich jetzt daraus als Erkenntnis für mich ziehe, ist:
Weiblich sein, das ist:
dieser
Schoß, der das Leben empfängt, der es reifen lässt und der Leben schenkt.
Weiblich sein, das ist: Intuition, Wärme, Herzlichkeit, eine "Höhle",
in der Mann sich geborgen fühlt, die ihn nährt, im Kraft schenkt. Weiblich sein
bedeutet für mich reinigend zu wirken, etwas aufzuschließen, etwas zu verknüpfen,
zu organisieren, zu harmonisieren. Weiblich ist Kreativität, Anmut, Schönheit,
Präsenz, Herzenswärme und Liebe. Weiblich sein bedeutet im Rhythmus zu leben,
im Einklang mit der Natur. Die heilkundigen Frauen verfügten über viel altes Wissen.
Sie wussten, wann die Pflanzen ihre höchste Kraft haben, sammelten sie zur
entsprechenden Zeit und wussten wie sie wirken.
Mögen die weisen Frauen in dieser Zeit zu ihrer Kraft zurückfinden und ihr Licht hell leuchten lassen, damit sich die Welt in der Liebe zum Wohle aller wandelt.
Ich glaube, Männer sind Jäger, Abenteurer, Helden. Sie brechen in neue Welten auf, spüren die Kraft Kraft des Windes, erklimmen hohe Berge und tauchen in tiefe Schluchten ein. Viele Männer jagen dem Ruhm, der Anerkennung nach und schreiben Geschichte. In unserer modernen Welt erbeuten die Männer Euros, Titel, erschaffen ein Imperium und brauchen viel PS auf der Straße, um den Rausch der Geschwindigkeit zu erleben.
Mögen die weisen Männer ihre wahre Kraft wiederfinden, mit der sie fortschrittlich, mit neuen Technologien dem Leben dienen, im Einklang mit der Natur schöpferisch sind.
Vielleicht könnten wir Frauen, wenn wir wieder in unserer vollen Kraft sind, unserer Intuition, unseren Gaben folgen, genau diesen Männern den nährenden warmen Boden bieten, in den sie sich fallen lassen. Dafür sind unsere Männer wieder die starken Helden, die uns tragen, in die wir uns selbst fallen lassen, denen wir unsere Leidenschaft schenken und uns wirklich in Hin-Gabe hingeben, in sinnlicher Lust.
Wo ist sie geblieben diese heilige Urkraft, das leidenschaftliche, starke Weib? In den indigenen Völkern leben die Frauen noch ihre Stärken. Das Matriarchat hat Raum. Mann und Frau sind dort in ihrer Urkraft und beschenken sich gegenseitig durch ihre Fähigkeiten und Gaben.
Wie wäre eine Welt, in der die Männer offenen Herzens, ihre Abenteuer, die dem Leben dienen, bestehen, ihre weibliche Seite integrieren und zurückkehren in den warmen Schoß des Weibes? Und wie wäre eine Welt, in der die Frauen, die wahren Weiber, wieder ihre Stärken leben, wie Intuition, Herzenswärme. In der die Frauen eine nährende Mutter, Frau, leidenschaftliche Geliebte und kreative Schöpfergöttin sind. Wie könnten sich Mann und Frau neu in dieser Welt erfahren?!
Diese
Gedanken kommen und gehen, während ich auf dem Feensteig bin. Ich sehe noch
einmal auf die umgefallene Buche, die weibliche Kraft. Sie wirkt wie ein großes
weites Becken und zeigt mit ihrem Stamm in Richtung der Station Furchtlosigkeit. In der Mitte des
Beckens steht ein aufrechter Stamm, wie ein Phallus. Ich denke an die
umgefallene Eiche, deren abgebrochener Stumpf weiterlebt. Die Eiche ist der männlichen
energievollen Baum und Aspekt der Beständigkeit, Weisheit und Stärke.
Ich suche noch einen dritten Baum auf, der mir vergangene Woche begegnet ist und laufe zum „Aufbruch“ im Wald.
Der Feensteig offenbart mir viel seiner Weisheit und lässt mich durch dieses bewusste
Erleben eines Jahres in der Komplentation reifen. Ich sehe den Wald, den
Hainich, und höre den Namen des Ortes wo ich bin in mir erklingen.
Weberstedt,
so heißt dieser Ort hier. Ich lese auf der Seite der Gemeinde nach und entdecke
ein paar Ausführungen zum Ursprung des Wortes.
„Die erste urkundliche Erwähnung von
Weberstedt erfolgte im Jahr 786 im Breviario Lulli, einem
Güterverzeichnis des Klosters Hersfeld, bezeugt Kaiser Karl der Große
Landbesitz (12 Hufen) in Weberestat - Weberstedt. Weberstedt wurde zur Zeit
Karl des Großen (768 bis 814) Weberestat, um 1238 Weibirstete, um 1359
Webirstete, um 1448 Webirstet und ab 1506 Weberstet genannt. Der Name
Weberstedt entspricht einer Walpurgisstätte. „In Vorgermanischer Zeit war
Weberstedt der Mittelpunkt eines besonderen Frauenkultes. Der westlich gelegene
Gänsekropf weist auf eine 'Geheimbundartige Mädchenschule der indoeuropäischen
Illyrier für weibliche Stammesangehörige vor der Geschlechtsreife' hin und zwar
seit etwa 1500 Jahre v. Chr. Die Illyrier sind die Urahnen der heutigen
Sachsen-Thüringer. (Verlag Erich Röth,Eisenach).“ (Quelle www.gemeinde-weberstedt.de/seite/99918/ursprung-von-weberstedt.html)
Zu Hause spüre ich noch einmal in das Erlebte hinein. Ich frage mich, wo ich selbst noch blockiert bin. Ich lande in meinem Becken. Am Abend treffe ich mich mit einer Freundin. Wir wollen schauen, was da entdeckt werden will, welche Kraft in uns schlummert, in unserer Weiblichkeit, die wir uns nicht erlauben.
Ein paar Impulse habe ich aus dem Wald mitgenommen. Ich glaube, da ist ein altes Wissen in uns eingesperrt, etwas, was uns starr und steif im Becken macht, etwas, was wir uns nicht erlauben zu sein. Entweder aus diesem Leben oder dem Leben unserer Vorfahren, unserer Ahnen.
Das zu lösen, muss einfach sein. Wahrscheinlich so einfach, dass wir es noch nicht sehen.
Ich schreibe ein paar Gedanken an einen Freund: „In Männergruppen werden noch heute Rituale gepflegt. Woher hast du dieses Wissen? Ist es für euch Männer einfacher auf alte Rituale zurückzugreifen, weil sie in gewissen Kreisen gepflegt wurden? Und ist unser weibliches Wissen auf dem Scheiterhaufen gelandet und verbrannt? Wie bekomme ich es wieder? Es fühlt sich für mich so an, dass ich es wieder freilegen kann, entweder in mir selbst oder ich finde etwas im Außen auf meinem Weg.“
Mir kommt ein Symbol in den Sinn. Ein Halbkreis, der nach oben offen ist wie eine Schale. Er steht für das Weibliche. In diesen Schoß legt sich ein spitzer Winkel mit geöffneten Schenkeln nach unten, als Aspekt für das Männliche. Beide sind vereint zu einem Ganzen. Ich zeichne es mit dem Finger in die Luft. Irgendwo ist mir dieses Symbol schon begegnet.
Dann taucht ein neuer Gedanke
auf. Weberstedt hieß einmal Weibirstete. Ein Ort der Weiblichkeit.
Ich habe eine interessante Herkunft des Wortes Weib entdeckt. Eine Herkunft
deutet auf weiben
(= sich hin und her bewegen, drehen, schwanken, schweben)
als ‚die in geschäftiger Bewegung Befindliche‘. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Weib). Dann müssten wir vielleicht nur unsere Hüfte
wieder richtig beweglich machen und neuen Schwung in unsere Weiblichkeit zu
bringen, das Feuer zum Lodern, die Lilith in uns wachschaukeln.
Katrin
Hilflos -Viele Menschen fühlen sich im Moment hilflos.
Was hilft mir?
Ein Weg für mich ist es, mich im Herzen mit der göttlichen Quelle, der Liebe zu verbinden, zu fühlen, zu vertrauen ….
In dem Moment, in dem ich mich an das Gefühl erinnere als ich mit dieser Quelle im Kontakt war, es wieder fühle und ausdehne, ist immer alles gut.
Die Liebe ist die Quelle. Würde es uns gelingen dauerhaft in dieser Quelle zu baden, das Leben wäre ein wahres Paradies.
Wenn ich mit der Quelle in Verbindung bin, dann ist alles leicht.
Dann
bin ich Eins mit Allem.
Katrin
Das Leben ist ein Wunder. Täglich öffnet sich etwas Neues.
Im Dialog:
„ Wieviele Räume des Seins gibt es? Wollen wir neue Räume des Seins erschließen oder nur in bekannten sein? Wo ist der Schlüssel?“
„Vielleicht findet ja der Schlüssel in das Schloss.“
„Vielleicht gibt es gar kein Schloss und die Tür ist offen.
Oder der Schlüssel findet in das Schloss und öffnet es.
Wer oder was ist der Schlüssel?
Wer oder was das Schloss?
Es gibt soviel mehr zu entdecken, zu erfüllen, zu erleben – da möchte ich gern tiefer forschen. Erfühlen meinte ich, allerdings ist auch erfüllen sinnvoll.“
„Ja, es gibt keinen Schlüssel und kein Schloss, alles ist offen, lädt uns zur Entdeckungsreise ein.“
Ich genieße die neuen Räume, die in meiner Welt entstehen, die Stille, die feine Atmosphäre in meiner Welt.
Einer der schönsten Schlüsselmomente war im Wald, als der kleine Vogel vor mir saß und aus Herzenslust gezwitschert hat. Das war so berührend. Ich wollte dieses Glück einfangen, mit einem Foto ablichten. Es ging nicht. Der Vogel flog davon. Wäre ich still geblieben, ganz im Gewahrsein und im Moment, dann wäre dieser Augenblick in einem größeren Zeitfenster manifestiert gewesen.
Katrin
Enge und Weite
Auf meinem Weg zum Feensteig fällt mir die Eberesche in den Blick. Sie trägt grüne Blätter, einige ganz eng und andere weit aufgefächert.
So fühle ich mich manchmal selbst und sehe es auch bei anderen Menschen. Mal ist das Herz zu und eng und dann wieder offen und ganz weit.
Es ist ein und derselbe Baum, an dem mir Enge und Weite begegnen. Das Weite fühlt sich für mich lebendiger und freier an.
Wie oft ist es in unserem Leben eng, wie oft wird es eng an Zeit. Was macht die Enge mit uns? Geben wir uns Raum und Zeit uns zu entfalten, so wie dieses Blatt?
Mögen unsere Herzen wie die sich öffnenden Blätter der Eberesche sein, weit, offen und einladend. Mögen wir unser ganzes Potenzial entfalten.
Katrin
Das Glück ist wie ein Schmetterling. Wir können es nicht jagen. Wenn wir uns ganz im Herzen, in der Ruhe niederlassen, fällt es in unseren Schoß.
Mit diesem Gedanken verweile ich auf dem Feensteig. Dieser Weg fühlt sich für mich an wie Gleis 9 3/4, eine Welt zwischen den Welten.
Ich bin hier mit viel Weite, Licht, Liebe und einem offenen Herzen für die Wahrheit und Liebe.
Ich sitze auf der Bank am verborgenen Schatz . Es vögelt um mich herum in den schönsten Tönen, ganz liebevoll. Ein kleiner Vogel sitzt auf dem Stamm der umgefallenen Eiche im Sonnenlicht. Er reckt seinen Schnabel in die Luft und trällert nur für mich, aus tiefstem Herzen, in den schönsten Tönen. Das ist sehr berührend.
Dieser Ton und die Melodie gehen tief in mein Herz, erfüllen mein Sein und ich spüre die Kostbarkeit des Augenblicks, ein Geschenk des Himmels. Ich fühle mich im Einklang mit der Schöpfung.
Dieses Glück, das mir in meinem Innehalten in meinen Schoß fällt, kann ich nur im Herzen bewahren. Es ist flüchtig. In dem Moment als ich es in meiner Kamera festhalten, fliegt der Vogel davon. Das Erlebte jedoch schwingt intensiv in meinem Herzen nach.
Dieser Augenblick mit dem kleinen Vogel ist pures Glück, kostbar, ein Geschenk.
Ich gehe die Runde über den Feensteig und kehre noch einmal zur Bank zurück.
Ich schreibe an einen Freund.
„Ich muss nichts tun, um glücklich zu sein. Ich brauche nichts anderes als ein offenes, liebendes Herz. Es wirkt wie ein Magnet und zieht alles in mein Leben was in meiner Energie schwingt. So wird mein Herz jetzt das liebende Kraftfeld erzeugen, was heilsam für mich und Andere ist. Eine neue Zeit bricht an, eine neue Welt. Für mich und jeden, der in Liebe schwingt.“
Katrin
Sie läßt mich leben und atmen und lieben.