31. 08. 2019 Schatz
Der Verborgene

Die vierte Station des Feensteiges, der „Verborgene Schatz“, liegt versteckt, im wilden Wald. Bis zum 21. Dezember 2018 stand hier die alte Eiche – aufrichtig – weise – stark. In den Märchen befinden sich an den Wurzeln alter Eichen verborgene Schätze. Eine hölzerne Schatztruhe steht hier auf dem Feensteig. Sie hat einen gewölbten Deckel. Darin befindet sich eine Holztafel mit inspirierenden Gedanken. Seit ein paar Tagen ist das Scharnier der Truhe defekt. Der Deckel befindet sich momentan zur Reparatur in der Werkstatt der Nationalpark-„Wichtel“. Am 20. August lag ganz viel künstliches Spielzeug in der Schatztruhe. Da der Deckel fehlte, war es sofort sichtbar. Ich habe alle Spielfiguren aufgerichtet. So standen sie hier eine Tag lang in Reih und Glied. Am 21. August, bei unserer Frühlingstagebuchreise, hielten wir an der alten Eiche inne.
Die Märchenfee Urte erwähnte, dass sie bevor sie eine Märchenführung über den Feensteig macht, immer alles Künstliche aus der Schatztruhe entfernt, sodass der wahre Schatz gefunden werden kann.
Wir reflektierten, was diese „Kunstfiguren“ für uns symbolisieren.
Von links nach rechts – nahmen wir das Falsche, das Künstliche aus der Welt.
Ich nehme die Klammer, das Festhalten aus der Welt und gebe dem Loslassen seinen Freiraum.
Ich nehme das blaue Monster und sein Gefängnis aus der Welt und gebe der Freiheit ihren Platz.
Ich nehme den grünen Mann im gelben Fass, die Einengung, aus der Welt und schaffe Raum für die Entfaltung der Potenziale, Talente und Fähigkeiten.
Ich nehme den Klavierspieler, den Lärm und die Verbissenheit aus der Welt und gebe der Lebensfreude, den natürlichen Klängen und der Ruhe ihren Raum.
Ich nehme den Abschleppwagen,
die Zerstörung aus der Welt und schaffe Raum für die kreative, lebensbejahende
Schöpferkraft.
Ich entferne den Pinoccio-Kreisel,
die Lüge aus der Welt und gebe der Wahrheit ihren Platz.
Ich nehme das rote Krabbeltier, die Angst aus der Welt und schaffe Raum für Urvertrauen und Mut.
Ich nehme das gelbe Kopfschüttelnde Männchen, die Ignoranz, aus der Welt und gebe der Wertschätzung ihren Platz.
Ich nehme die Biene im Korsett, die Starre, aus der Welt und gebe der Beweglichkeit und Leichtigkeit ihren Raum.
Ich nehme den Fußball, die Ablenkung aus der Welt und gebe der Aufmerksamkeit und dem Selbstbewusstsein seinen Raum.
Nachdem wir diese künstlichen,
modernen Spielzeuge mir ihren Metaphern aus der Schatztruhe entfernt hatten,
war es für einen Moment sehr still in uns und um uns herum geworden. Ein Moment
der Leere entstand.
Jedoch durch diese Leere hindurch, konnten wir alle den wahren Schatz spüren. Wir fühlten die Ruhe, die Energie und Kraft dieses Ortes. Wir sahen die Schönheit des Natürlichen, das Wunderbare der Schöpfung - einen kleinen Stock im Sonnenlicht, rote Pilze in der Eiche, ein leuchtend grünes Blatt und noch viel viel mehr.
Wir fühlten und sahen die Liebe in Allem und fühlten uns verbunden und zugleich frei.
Die Liebe hat nichts Gegensätzliches, ihr steht nichts entgegen. Liebe beendet die Polarität. Das Leben ist Liebe in Aktion. Das ist der wahre Schatz, den wir entdecken können, die Liebe, die wir sind.
Ich bin heute nur in Gedanken auf dem Feensteig und erinnere mich an das Erlebte vom 21.8.2019.
Physisch bin ich auf den Orkneyinseln. Typisches schottisches Wetter begrüßt uns. Es regnet. Am Nachmittag besuchen wir den Ring of Brodgar, einen mit 27 erhaltenen Steinen und 103 Metern im Durchmesser großen Steinkreis, 5000 Jahre alt. Unsere Reiseleiterin erzählt, dass der Meeresspiegel vor 5000 Jahren 30 Meter niedriger war. In einem See, hier Loch genannt, nahe dem Steinkreis liegt, noch immer in der Tiefe verborgen, ein Schatz. Dort sind Siedlungsreste sichtbar und ein weiterer Steinkreis wir vermutet. Die Orkneyinseln geben immer wieder verborgene Schätze frei, lassen uns staunen, über welches Wissen und welche Werkzeuge unsere Vorfahren verfügten. Diese steinzeitlichen Monumente gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Ich schreibe Britt ein paar meiner Gedanken – über die vielen Funde aus der Steinzeit, dass diese wohl die verborgenen Schätze sind.
Ihre Antwort: „ Ganz bestimmt sind sie das. Die Schätze aus der Vergangenheit, das alte Wissen, die ewige Liebe ...“
Katrin