07. 10. 2019 Öffnen - Zwei Regenbögen
- von Katrin Wenk-Olschowsky
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- 13 Okt., 2019
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Das hellblaue Licht - himmlisch
Auch
heute bin ich nur in Gedanken auf dem Feensteig.
Wir laufen am Morgen in Tallin
ein. Es regnet, graue Wolken verhängen die Sonne. Kurz nach dem Ankern reißt
der Himmel auf und ein Regenbogen begrüßt uns. Wir haben einen Ausflug in den
Nationalpark „Lahemaa“ mit einer Wanderung durch das Moor gebucht. „Lahemaa“
ist der erste Nationalpark in der Sowjetunion gewesen. Wir fahren in Richtung
Osten und die Wolken werden wieder dunkler. War das eine gute Idee heute zu
wandern? Diese Frage drängt sich mir auf und gleichzeitig vertraue ich Frau
Holle, der großen Naturgöttin, dass sie uns Sonne schenkt.
„Wenn
Engel reisen ...", dann scheint doch die Sonne. Es wird immer dunkler und die Scheibenwischer
im Bus schaffen freie Sicht. Es regnet. Der Bus biegt ab und fährt in ein
kleines Waldstück hinein. Bis in das 13. Jahrhundert waren die Esten Heiden und
beteten ihre heiligen Bäume und Haine an. Später wurden sie getauft und gingen zum
Beten in Kirchen. Ein zweites Gebet schickten sie noch einmal in die Natur. So
bitte ich Frau Holle - Hier & Jetzt - um Sonnenschein.
Es
nieselt noch einen kleinen Moment, dann kommt die Sonne zum Vorschein. An den
Fichten hängen überall kristallklare Wassertropfen und glitzern in der Sonne.
Es ist ein Traum aus Licht. Die Luft ist frisch, klar, sauber. Wir atmen für
vier Schritte ein, halten zwei Schritte lang den Atem an und dann atmen wir
vier Schritte lag aus. Durch dieses Ein- und Ausatmen kommen wir alle in eine
tiefe Ruhe. Das ist Waldbaden in Estlands schönem Nationalpark.
Im Moor laufen
wir über schmale glitschige Holzstege und balancieren zwischen den hellblauen
Seen entlang. Der Himmel ist es rechts und links von uns dunkelgrau. Über uns
strahlt der Himmel in einem hellen Blau. Ein Sonnenkorridor ist uns für diesen
Moment geschenkt worden. Der schmale Weg führt weiter zwischen der
Heidelandschaft entlang. Unsere Reiseleiterin erwähnt, dass es hier besondere
Flechten gibt. Sie zeigen wie rein die Luft ist und leben von Luft und Liebe.
Etwas später ist auf unserem Steg Hochwasser. Es gibt drei Möglichkeiten.
Erstens den Weg verlassen und direkt durch das Moor stapfen, um vielleicht mit
trockenen Füßen durchzukommen.
Zweitens weiterzulaufen und nasse Füße riskieren - oder
Drittens die Schuhe und Strümpfe ausziehen und barfuß durch das eisigkalte
Wasser waten.
Ich entscheide mich für
die kneippsche Variante mit dem Barfußlaufen. Das Wasser ist sehr kalt und
gleichzeitig wirkt es belebend auf mich. Es ist traumhaft, hier in der Moorlandschaft
Estlands zu sein.
Unser Mittagessen nehmen wir in einem alten Gutshof ein. Das Gut Palmse
ist saniert. Als Museum zeigt es das Leben früherer Zeiten. Auf einem
Foto ist eine Frau abgebildet. Sie war Kalligrafin und konnte aus der Schrift
das Schicksal der Menschen ablesen. So hat sie auch Zar Nikolai II., aus der
Schrift gelesen. Auf seine Frage, was ihm die Zukunft bringt, sagte sie „Nichts
Besonderes, ganz normal.“ Später erzählte sie der Schwester Nietzsches, dass
sie ihm doch nicht sagen konnte, dass ihm nur Leid und Tod bevorsteht.
Wir
gehen vom Herrenhaus in den Garten. Dort ist ein Labyrinth. Das Laub leuchtet
golden: Auf dem Rasen zwischen den günen Hecken wachsen wunderschöne weiße und schwarze Pilze. Der See im Park ist spiegelglatt.
Mich überkommt ein tiefer Frieden. Das goldene Laub, die grünen Weisen, der stille Teich und die alten Gebäude – wunderschön. Ich bin in frühere Zeiten zurückversetzt, als das Leben noch dem Rhythmus der Natur folgte. Es ist idyllisch – still – zeitlos.
Am Nachmittag besuchen wir Tallin, die Hauptstadt Estlands. Ein Wechsel aus Sonne und
Regen schenkt uns einen weiteren wundervollen Regenbogen. Danach strahlt der
Himmel erneut in einem klaren hellen Blau. Hellblau ist heute die Farbe, die
mir überall präsent begegnete. Im Himmel und auf den Fahnen Estlands. Die
Flagge ist blau, schwarz und weiß. Unsere Reiseleiterin erzählt, dass Blau
steht für den Himmel, das Schwarz für die Erde und das Weiß, dass ist das
Helle, das für die Zukunft stehen soll. Sie erwähnt, dass ein Kreuz aus
Glas in Tallin steht. Es soll daran erinnern, dass die Freiheit so zerbrechlich
wie Glas ist.
Wir schauen uns die wunderschönen Gebäude und alten Herrenhäuser an und besuchen die Alexander Newski Kathedrale. Ich bin von der Energie des Raumes überwältigt. Die Decke der Kuppel ist himmelblau.
Dann zeigt uns unsere Reiseleiterin noch den „Langen Herrmann“, einen alten Turm der Stadtmauer. Jeden Tag wird dort die Flagge Estlands gehisst. Am Morgen wird die Nationalhymne gespielt und am Abends ein Lied, „Mein Vaterland, meine Liebe“. Am 24. Juni bleibt die Flagge auf dem Turm. Der Johannistag wird in Estland besonders gefeiert. Er ist neben Weihnachten der wichtigste Tag im Jahr. An diesem Tag begegnen sich Abendröte, die weibliche Gottheit und Morgenröte, der männliche Gott. Sie geben einander die Hand. Einer Legende nach sind Beide ineinander verliebt, begegnen sich jedoch nie. Der Vatergott hatte ein Erbarmen mit den Liebenden und schenkte ihnen einen einzigen Tag im Jahr an denen sie sich sehen. Das ist der 24. Juni, eine weiße Nacht. So in etwa hat uns unsere Reiseleiterin diese Sage erzählt.
Mein himmelblauer Tag war idyllisch – still – und mystisch. Er war voller Lebendigkeit mit Sonne gefüllt. Der Regenbogen hat die Brücke vom Morgen zum Abend gespannt, vom Blau des Wassers zum Blau des Himmels.
Katrin
Hilflos -Viele Menschen fühlen sich im Moment hilflos.
Was hilft mir?
Ein Weg für mich ist es, mich im Herzen mit der göttlichen Quelle, der Liebe zu verbinden, zu fühlen, zu vertrauen ….
In dem Moment, in dem ich mich an das Gefühl erinnere als ich mit dieser Quelle im Kontakt war, es wieder fühle und ausdehne, ist immer alles gut.
Die Liebe ist die Quelle. Würde es uns gelingen dauerhaft in dieser Quelle zu baden, das Leben wäre ein wahres Paradies.
Wenn ich mit der Quelle in Verbindung bin, dann ist alles leicht.
Dann
bin ich Eins mit Allem.
Katrin
Das Leben ist ein Wunder. Täglich öffnet sich etwas Neues.
Im Dialog:
„ Wieviele Räume des Seins gibt es? Wollen wir neue Räume des Seins erschließen oder nur in bekannten sein? Wo ist der Schlüssel?“
„Vielleicht findet ja der Schlüssel in das Schloss.“
„Vielleicht gibt es gar kein Schloss und die Tür ist offen.
Oder der Schlüssel findet in das Schloss und öffnet es.
Wer oder was ist der Schlüssel?
Wer oder was das Schloss?
Es gibt soviel mehr zu entdecken, zu erfüllen, zu erleben – da möchte ich gern tiefer forschen. Erfühlen meinte ich, allerdings ist auch erfüllen sinnvoll.“
„Ja, es gibt keinen Schlüssel und kein Schloss, alles ist offen, lädt uns zur Entdeckungsreise ein.“
Ich genieße die neuen Räume, die in meiner Welt entstehen, die Stille, die feine Atmosphäre in meiner Welt.
Einer der schönsten Schlüsselmomente war im Wald, als der kleine Vogel vor mir saß und aus Herzenslust gezwitschert hat. Das war so berührend. Ich wollte dieses Glück einfangen, mit einem Foto ablichten. Es ging nicht. Der Vogel flog davon. Wäre ich still geblieben, ganz im Gewahrsein und im Moment, dann wäre dieser Augenblick in einem größeren Zeitfenster manifestiert gewesen.
Katrin
Enge und Weite
Auf meinem Weg zum Feensteig fällt mir die Eberesche in den Blick. Sie trägt grüne Blätter, einige ganz eng und andere weit aufgefächert.
So fühle ich mich manchmal selbst und sehe es auch bei anderen Menschen. Mal ist das Herz zu und eng und dann wieder offen und ganz weit.
Es ist ein und derselbe Baum, an dem mir Enge und Weite begegnen. Das Weite fühlt sich für mich lebendiger und freier an.
Wie oft ist es in unserem Leben eng, wie oft wird es eng an Zeit. Was macht die Enge mit uns? Geben wir uns Raum und Zeit uns zu entfalten, so wie dieses Blatt?
Mögen unsere Herzen wie die sich öffnenden Blätter der Eberesche sein, weit, offen und einladend. Mögen wir unser ganzes Potenzial entfalten.
Katrin
Das Glück ist wie ein Schmetterling. Wir können es nicht jagen. Wenn wir uns ganz im Herzen, in der Ruhe niederlassen, fällt es in unseren Schoß.
Mit diesem Gedanken verweile ich auf dem Feensteig. Dieser Weg fühlt sich für mich an wie Gleis 9 3/4, eine Welt zwischen den Welten.
Ich bin hier mit viel Weite, Licht, Liebe und einem offenen Herzen für die Wahrheit und Liebe.
Ich sitze auf der Bank am verborgenen Schatz . Es vögelt um mich herum in den schönsten Tönen, ganz liebevoll. Ein kleiner Vogel sitzt auf dem Stamm der umgefallenen Eiche im Sonnenlicht. Er reckt seinen Schnabel in die Luft und trällert nur für mich, aus tiefstem Herzen, in den schönsten Tönen. Das ist sehr berührend.
Dieser Ton und die Melodie gehen tief in mein Herz, erfüllen mein Sein und ich spüre die Kostbarkeit des Augenblicks, ein Geschenk des Himmels. Ich fühle mich im Einklang mit der Schöpfung.
Dieses Glück, das mir in meinem Innehalten in meinen Schoß fällt, kann ich nur im Herzen bewahren. Es ist flüchtig. In dem Moment als ich es in meiner Kamera festhalten, fliegt der Vogel davon. Das Erlebte jedoch schwingt intensiv in meinem Herzen nach.
Dieser Augenblick mit dem kleinen Vogel ist pures Glück, kostbar, ein Geschenk.
Ich gehe die Runde über den Feensteig und kehre noch einmal zur Bank zurück.
Ich schreibe an einen Freund.
„Ich muss nichts tun, um glücklich zu sein. Ich brauche nichts anderes als ein offenes, liebendes Herz. Es wirkt wie ein Magnet und zieht alles in mein Leben was in meiner Energie schwingt. So wird mein Herz jetzt das liebende Kraftfeld erzeugen, was heilsam für mich und Andere ist. Eine neue Zeit bricht an, eine neue Welt. Für mich und jeden, der in Liebe schwingt.“
Katrin
Sie läßt mich leben und atmen und lieben.