09. 05. 2020 Kinder Kinder Kinder
und Kussmelda von Schmetterling
Die warme Frühlingssonne lockt die Menschen in die Natur. Wir laufen vom Feensteig aus in Richtung Crauler Kreuz. Bei dem sonnigen Wetter sind ganz viele Familien unterwegs.
Es sind besondere Momente, die ich heute erlebe.
Drei kleine Geschichten
Auf dem Weg begegnet mir ein kleines Mädchen mit Oma und Opa. Die Oma ist von der Natur und dem Zauber des Lichtes besonders berührt. Alle paar Meter bleibt sie stehen und fotografiert. Sie zeigt ihrer Enkelin die Schönheit der Welt und erklärt ihr die Unterschiede von Bergahorn und Spitzahorn.
Ich erzähle der Frau, dass mir auffällt, wieviel Ahorn gerade hier wächst. Vor drei Tagen bin ich einem Ranger im Wald begegnet. Er sagte mir, dass gerade Baum-Inventur ist. Alle 10 Jahre wird im Hainich nachgesehen, wie sich der Wald wandelt und welche Arten neu wachsen.
Etwas später begegnet mit eine Familie mit drei Kindern. Sie überlegen, ob sie den kurzen geraden Weg zum Baumkronenpfad nehmen oder den Weg, der 2 Kilometer lang ist.
Ich sage: "Der Weg, der zwei Kilometer lang ist, ist der Schönere. Er führt durch ein weiß blühendes Bärlauchmeer."
Der Vater sagt zu seinem Sohn: "Schon entschieden. Wir nehmen den zwei Kilometerweg." "Wie weit ist das?" "Zweitausend Schritte", sagt der Vater "Du kannst ja zählen." "Soweit kann ich noch nicht zählen“, erwidert der Junge. Ich frage ihn wie weit er zählen kann. "Bis 1000". "Dann zähle doch zweimal bis 1000", sage ich. "Das sind mir viel zu viele Zahlen", erwidert er. "Dann schau auf den Weg, es ist wie im Märchen und entdecke die Grenzsteine, das ist gelebte Geschichte." "Schau nur nicht mit dem Mund", sagt der Vater. "Was ist mit dem Mund schauen?" , frage ich. Er sagt: "Das geht so: Mama, wo ist dieses, Mama wo ist jenes ..." Ich lache und gehe weiter. "Folgen wir der Frau jetzt?" fragt der andere Sohn. "Nein, wir folgen ihr nicht, wir gehen nur den gleichen Weg." Etwas später trennen sich unsere Wege. Wir biegen rechts ab in Richtung Craula und sie links zum Baumkronenpfad.
Die schönste Begegnung des Tages ist am Ende des Feensteiges auf der Brücke nach der Lichtung.
Das Beste kommt zum Schluss.
Auf der Brücke stehen fünf Kinder und sperren die Brücke ab. Sie haben sich als Feen verkleidet.
"Feiert ihr hier Geburtstag?", frage ich sie. "Nein," rufen sie und schauen uns fröhlich mit leuchtenden Kinderaugen an.
„Wir sind aus dem Kinderheim und brauchen richtiges glänzendes Geld oder Gold. Wir sind ganz arm und haben keine Eltern mehr. Von dem Geld wollen wir uns neue Eltern kaufen." "Seid ihr wirklich aus dem Kinderheim?", frage ich sie. "Ja." Sie antworten so wahrhaft und glaubwürdig.
Ich habe kein Geld dabei. Mir fällt ein, dass ich Haselnüsse in meiner Tasche habe. Ich schenke jedem Kind eine Haselnuss und sage: „Das sind Zaubernüsse, viel besser als Geld. Sie erfüllen Wünsche.“
Dann drehe ich mich um in Richtung Wald und gehe zu den drei jungen Frauen, die dort sitzen. Das werden wohl die Betreuerinnen sein, denke ich.
Ich sage: "Die Kinder sagen, dass sie aus dem Kinderheim sind und echtes Geld brauchen, um sich neue Eltern zu kaufen. Ich habe jedem Kind Zaubernüsse in die Hand gelegt, nur, damit sie das wissen." Die drei Frauen lachen, weil sie doch die Mütter der Kinder sind.
Die Kinder waren so wahrhaft in ihr Spiel eingetaucht, dass wir beide wirklich für einen Moment glaubten, das Kinderheim macht einen Waldausflug. "Seid ihr den Weg schon gegangen?,", frage ich. "Ja.", ist die Antwort.
"Wieso habt ihr euch so feenhaft angezogen?". "Damit uns die Feen auch erkennen“, war die Antwort.
"Darf ich das Erlebte aufschreiben?" "Ja, natürlich." Ich frage die kleine Fee mit ihrem weißen Kleid und den aufgenähten Sternen, wie sie heißt:
"Kussmelda von Schmetterling", so heiße ich. Sie lacht über das ganze Gesicht. Vor lauter Lachen vibrieren die kleinen Flügel, die sie auf dem Rücken hat.
"Wie heißt du?" "Ich heiße Katrin." „Das ist schön und ich bin Kussmelda von Schmetterling.“
Solange es noch Kinder in dieser Welt gibt, die soviel Fantasie und ein fröhliches Herz haben, solange gibt es Hoffnung, dass diese Welt eine Zukunft hat.
Kussmelda von Schmetterling - vielleicht gelingt es ja dir mit deinem
Lachen, die Welt wachzuzaubern und der Schlag deines Schmetterlingsflügels löst
eine Liebeswelle aus – eine Welle, die die Welt wachküsst,
ganz sanft, ganz leise, ganz leicht.
Kussmelda - ein weises Schmetterlingsmädchen im beflügelten Sternenkleid.
Auf dem Feensteig Hier & Jetzt
In Liebe Katrin